Side / Türkei 
Side

Am 26. August 2001 flogen meine Frau und ich zum Urlaub in die Türkei. Wir waren bereits im Spätherbst 2000 kurz in Side gewesen. Damals waren wir 14 Tage in Alanya und machten einen Tagestrip nach Side. Ich war begeistert von der Altstadt und den Sehenswürdigkeiten. Der Hafen und die fast immer wehende, frische Brise gaben mir ein heimatliches Gefühl. Obendrein waren an der Hafenpromenade wunderschöne Lokale, Restaurants und Tanzmöglichkeiten gegeben. Side war schon ein kleiner Traum.

Die Halbinsel Side.
Die Bucht von Side.
Hafen von Side.

 Hotelanlage Tayyarbey 

Wir buchten das Hotel TAYYARBEY in Side/Peri. Im Internet stand eindeutig geschrieben: Side/Strand. Mein Cousin war in Side/Kumköy gewesen und ich sagte damals noch großspurig: "Ich würde nie so weit außerhalb ein Hotel oder eine Anlage buchen!" Ich wäre froh gewesen, wenn wir in Side/Kumköy ein Hotel gehabt hätten. Wir waren von Side rund 20 km entfernt. Eine Dolmbuschverbindung bestand leider auch nicht. Erst vom nächsten Hotel aus (ca. 1/2 Stunde Fußmarsch), und dann auch nur indirekt (umsteigen). Mit dem Taxi kostete die Fahrt ca. 25,- bis 30,- DM. Dreimal am Tag fuhr der Hotelbus nach Side. Ich war total deprimiert. Zum ersten Mal in den ganzen Jahren hatten wir mit unserer Buchung Pech gehabt.

Hoteleingang von Tayyarbey.

Wir beschlossen das Beste daraus zu machen, um trotzdem die Tage zu genießen. Wir lagen die ersten vier Tage faul am Strand herum, genossen das warme Wasser und das wunderbare Wetter. Ich spielte etwas Volleyball, was bei der Hitze leider nur bedingt möglich war. Abends konnten wir leider nicht unsere "Runden drehen", da hinter dem Hotel nur Wildnis war. Selbst eine Beleuchtung, Geschäfte oder Lokale fehlten. Normalerweise gehen wir vor und nach dem Essen immer bummeln, shoppen oder einfach nur spazieren. "Na ja!", sagten wir uns, "machen wir halt mal eine andere Art von Urlaub!"

Man sieht die Einsamkeit des Strandes.
Volleyball unter erschwerten Bedingungen.
Trotzdem wurde gespielt.

Dier erste Bräune.
Rita hat den Strand für sich.
Beim Abendessen.

Die oberen Bilder zeigen die Einsamkeit des Strandes. Volleyballspielen war nur zu gewissen Zeiten möglich. Dann leider auch nur, wenn der Platz vorher gewässert wurde. Trotzdem spielten wir, wann immer es möglich war. Vom  herumliegen bekam ich mal wieder Probleme mit den Bandscheiben. Die Hitze war mittlerweile auch unerträglich. Teilweise an die 40 Grad. Das Wasser brachte auch keine Abkühlung (fast 30 Grad). Ich fühlte mich einfach nicht mehr so richtig wohl. Den lieben langen Tag trank und trank ich. Bestimmt liefen bei mir so an die 5-6 Liter kaltes Wasser durch die Kehle. Ab dem dritten Tag machten plötzlich meine Muskeln dicht. D.h. im Klartext folgendes: Zähneputzen, Duschen, Essen, Treppensteigen, Schreiben usw. konnte ich nur unter Schmerzen. Ich erfuhr aber, dass andere Urlauber auch diese Probleme hatten. Das Zauberwort war Magnesium. Durch das viele Schwitzen fehlte dem Körper Magnesium. Ich besorgte es mir in einer Apotheke (Side/Kumköy). Meinem Magen ging es nun auch immer schlechter. Das viele kalte Wasser war Gift für meine Gastritis.

 Der Unfall 

Am Donnerstag, den 30. August 2001, fuhren wir Abends mit dem Hotelbus nach Side/Kumköy. Um 23.30 Uhr standen wir auf dem Fußweg vor dem RESTAURANT SUN SHINE mit anderen Hotelgästen und warteten auf den Hotelbus, der uns dort abholen sollte. Um ca. 23.40 Uhr kam ein heller PKW aus Richtung Side gefahren. Der Wagen fuhr mit überhöhter Geschwindigkeit, kam plötzlich immer weiter in einer leichten Linkskurve nach rechts und schrammte an einem dort parkendem Taxi entlang. Ein zufällig zu Fuß aus der Nebenstraße kommender Taxifahrer, wurde von dem hellen Pkw erfasst und über den Wagen geschleudert. In Bruchteil von Sekunden realisierten meine Frau und ich die Tatsache, dass der Pkw auf uns zuraste. Am hohen Bürgersteig ging durch den auf uns zuschießenden Pkw ein gewaltiger Ruck und der Wagen begab sich in die Luft. Der Pkw flog jetzt in einer leichten Schräglage auf uns zu. Dadurch, dass der Wagen sich in einer Flugphase befand, hatten wir die Möglichkeit zu reagieren. Ich brachte mich durch einen gewaltigen Hechtsprung über Tische und Stühle, mitten in das Restaurant hinein, in Sicherheit. In diesem Moment prallte der Pkw dort auf, wo meine Frau und ich noch vor Sekunden standen. Der Wagen streifte noch kurz mein linkes Bein und riss mir dabei den Schuh vom Fuß, der später ca. 30 Meter weiter gefunden wurde.

Nachdem ich mich im Restaurant aufgerappelt hatte, suchte ich mit verzweifelten Augen meine Ehefrau. Sie lag direkt neben dem Pkw, auf ihr massenhaft Holz vom Zaun, sowie den Werbeschildern, die vor dem Zaun ihren Platz gehabt hatten. Auch sie hatte sich mit einem Sprung über den vorhandenen Zaun retten können. Ich rannte zu meiner Frau und zog sie unter dem gesamten „Müll" hervor. Sie hatte Schmerzen im Rücken bzw. Genick, sowie Prellungen und Hautabschürfungen im Gesicht und am Arm. Ich hatte Hautabschürfungen und Prellungen am linken Bein.

Die Unfallstelle war ein reines Chaos. Der angefahrene Taxifahrer wurde von Hotelgästen in die stabile Seitenlage gebracht. Meine Frau bekam Eiswürfel gegen die Nackenschmerzen. Ein Hotelgast blutete aus einer Beinwunde, hervorgerufen durch einen Sprung zwischen parkendes Pkws. Der Fahrer des Unglücksautos wurde ebenfalls aus dem qualmenden Pkw gezogen. Der Beifahrer fiel aus der Tür und landete fast auf meine zitternde und unter Schock stehende Ehefrau.

Nach wenigen Minuten war die Ambulanz vor Ort und meine Frau und ich wurden mit einem Rettungs- bzw. Krankenwagen ins Krankenhaus nach Side gebracht. Die Nacht verbrachten wir mit Untersuchungen, sowie damit Daten und Fakten dem Dolmetscher zu vermitteln. Ich hätte das Spital verlassen können, blieb aber die Nacht bei meiner Ehefrau. Um ca. 4 Uhr kamen wir endlich zur Ruhe und uns wurde bewusst, dass wir nur Dank unserer guten Reaktion überlebt hatten. Wir hatten dem Tod ins Gesicht gesehen und waren dankbar, noch einigermaßen gut davon gekommen zu sein.

Im Krankenhaus.
Das Frühstück schmeckt schon wieder.
Der Unfallort am nächsten Mittag. Schon alles wieder repariert.
 Nach dem Unfall 

Im Krankenhaus erhielten wir am nächsten Tag Besuch von der Polizei. Es wurde zum x-ten Mal nach unseren Personalausweisen gefragt. Meine Antwort lautete immer nur: "Die liegen im Hotelsafe". Mit Hilfe eines Dolmetschers, übrigens seine erste Dolmetscherfunktion, wurde ein Protokoll angefertigt. Das dauerte fast 3 Stunden. Vor dem Krankenhaus handelten wir mit einem Taxifahrer den Fahrpreis aus und waren froh, diesen Ort verlassen zu können. Im Taxi stellten wir mal wieder folgendes fest. Das wird bestimmt nicht unser bester Urlaub werden. Der Taxifahrer bretterte los, als ob er ein Bruder von Michael Schumacher wäre. Rote Ampeln, rechts oder links überholen und Tempo 80 durch die Stadt waren wohl für ihn normal. Das auf den hinteren Sitzen keine Sicherheitsgurte waren, kennen wir ja aus anderen Fahrten im Ausland. Als aber während der Fahrt die Türen aufgingen, wurde uns dann doch etwas unwohl. Im Hotel angekommen, ließ ich unsere Ausweise kopieren und zur Polizeistation faxen. Nachmittags kam dann noch die Sekretärin vom Krankenhaus und ich musste sofort die Krankenhausrechnung bezahlen. Die Polizei rief im Hotel an und ließ uns ausrichten, Gegenstände am Unfallort gefunden zu haben und wir möchten uns auf der Polizeistation in Side/Kumköy melden.

 Suche nach der Polizeistation 

Am nächsten Tag fuhren wir mit dem ersten Hotelbus nach Side/Kumköy. Ich zeigte dem Fahrer, die vom Polizisten erhaltene Visitenkarte und da stand groß und breit SIDE/KUMKÖY drauf. Unser Pech verfolgte uns auch in dem Bus. Der Fahrer setzte sich auf einen Gästeplatz und überließ das Steuer einem jungen Kollegen. Sie redeten und redeten, der neue Fahrer schaute kaum auf die Fahrbahn und der alte Kollege griff ab und zu in das Lenkrad. Mal wieder eine Höllenfahrt für uns und obendrein fuhr der Fahrer durch Side(Kumköy hindurch. Ich machte den Lauten, damit er hielt und ich mit meiner Frau aussteigen konnte. Wir gingen eine große Strecke zu Fuß zurück und fragten Personen nach den Weg zur Polizeistation. Ich hatte ja die Visitenkarte, die ich jedes mal vorzeigte. Man schickte uns mal eine Straße nach links, dann wieder eine nach rechts und dann wieder geradeaus. Ich fragte einen Taxifahrer, der jedoch immer nur SIDE sagte. Dann sahen wir zwei Polizisten und zeigten denen die Visitenkarte. Auch sie stammelten immer wieder SIDE. Vor einem Geschäft diskutierten wir mit einer großen Anzahl von Türken. Einige wollten uns ein paar Straßen weiterschicken und wiederum andere sagten auch immer wieder SIDE. Wir gaben uns geschlagen und machten uns auf den Weg nach Side. Selbst diese Fahrt nach Side war ein Erlebnis. Es war so heiß, dass mir das Wasser am Bein herunterlief. Also hielten wir einen Dolmbusch an. Der wiederum bog auf halber Strecke ab, wir mussten aussteigen und erfuhren von einem jungen Paar durch Zufall vom nächsten Dolmbusch Abfahrtspunkt. Endlich in Side angekommen fragten wir uns durch bis zur Polizei. Bei der Polizei fand man einen Dolmetscher, der uns dann folgendes mitteilte, was uns sehr hart traf:

"Sie sind hier bei der Militärpolizei, die Polizeistation ist in Side/Kumköy!"

Deprimiert fuhren wir zurück zur Hotelanlage und legten uns zur Entspannung an den Strand. Dort trafen wir durch Zufall den Hotelmanager. Wir unterhielten uns über den Unfall und den Versuch die Polizeistation zu finden. Er rief sofort über Handy bei der Polizei an. Wir bekamen vom Manager einen Zettel, auf dem in Deutsch und Türkisch die Anschrift von der Polizeistation in Side/Kumköy stand. Wir nahmen uns vor, am nächsten Tag einen neuen Versuch zu starten, um die Polizeistation aufzutreiben.

Um nicht mit dem Hotelbus fahren zu müssen, machten wir uns am nächsten Tag zu Fuß zum Hotel Pedro Club auf den Weg (1/2 Stunde Fußmarsch), um dort in einen Dolmbusch einzusteigen. Die Dolmbuschfahrer teilten uns mit, die Busse würden nur indirekt nach Side/Kumköy fahren. Also wieder raus, um mit einem Taxifahrer den Fahrpreis aushandeln. Ich zeigte den Taxifahrern den Zettel vom Hotelmanager und eine große Diskussion folgte sogleich. Ich hatte das unbestimmte Gefühl, dass der Taxifahrer auch nicht die Polizeistation kannte, oder vielleicht nicht lesen konnte. In Side/Kumköy wurden meine Befürchtungen bestätigt. Der Taxifahrer hielt an einem Taxistand und zeigte den Kollegen unseren Zettel. Wir bekamen nur immer Side - Side - Side mit. Der Fahrer stieg wieder ein, drehte sich zu uns um und sagte "Side!" Schon donnerte das Taxi los. "Auf keinen Fall aussteigen!", meinte ich zu meiner Frau, "Außer wir sind vor der Polizeistation! Der Fahrer muss uns dann wieder mit zurück nehmen". Kurz vor Side bog das Taxi ab und wir waren tatsächlich endlich bei der Polizeistation.

Die Unfallfolgen sind noch zu sehen.

 Polizeistation 

Bei der Polizeistation wurde für uns praktisch der "rote Teppich" ausgerollt. Wir wurden sehr nett behandelt. Man bot uns zu trinken an und der Dolmetscher sprach ein sehr gutes Deutsch. Vom Kommandeur der Polizei in Kumköy erfuhren wir folgendes: Der Unglücksfahrer ist Türke, geboren und aufgewachsen in Deutschland. Er stand zum Zeitpunkt des Unfalles stark unter Alkohol und befand sich bereits im Gefängnis. Der Taxifahrer schwebte immer noch in Lebensgefahr und sein Überleben wäre eher unwahrscheinlich. Einzelheiten über den Unfall würde nur der Staatsanwalt in Manavgat geben. (Aktenzeichen 2001/2856) Meine Frau bekam einen Ohrring und ihr Armband, gefunden am Unfallort, zurück. Angaben zum Unfall-Fahrzeug bzw. zum Unfallfahrer gab man mir nicht. Ich war froh, überhaupt das Aktenzeichen bekommen zu haben.

Der letzte Tag im Urlaub.

 Urlaubsende 

Mein körperliches Wohlbefinden hatte sich durch diesen ganzen Stress nicht verbessert. Es traten plötzlich Herzprobleme auf. Meine Frau hatte Angst um mich und ich hatte noch mehr Angst, in der Türkei einen erneuten Herzinfarkt zu bekommen. Also kamen wir zu dem Entschluss, vorzeitig nach Hause zu fliegen. Die Reiseleitung (Neckermann / Bucher-Reisen) bot mir auch sofort verschiedene Flugmöglichkeiten an.  

Wir brachen unseren Urlaub vorzeitig am 04. September 2001 ab und verzichteten auf die restlichen 5 gebuchten Urlaubstage. Am 05. September 2001 suchten wir unseren Hausarzt auf. Meine Frau wurde Arbeitsunfähig geschrieben (3-4 Wochen). Bei mir wurde die Gefahr eines erneuten Herzinfarktes diagnostiziert. Verschiedene Untersuchungen bzw. Behandlungen folgten.

Im Flughafengebäude in Antalya.
Im Zug Hamburg - Cuxhaven.

 Schlusskommentar 

Wenn man diesen Urlaub als Test sieht, dann kann man nur sagen: "GELUNGEN". Die Planungen liefen seit Jahren darauf hin, am 8. Juli 2002 in Altinkum/Türkei unsere Silberhochzeit zu feiern. Das Thema war jetzt durch. Wir werden nicht mehr zur heißesten Jahreszeit in die Türkei fliegen. Die Feier fand in Deutschland statt. In die Türkei fliegen wir aber trotzdem weiterhin. Dieser Unfall hätte z.B. auch in Spanien, Deutschland oder in sonst einem Land passieren können. Meine Empfehlung an jeden Urlaubsreisenden. Schließen sie vor dem Urlaub eine Reisekrankenversicherung ab und sie können sich viel Ärger ersparen.