Urlaub in Altinkum (2002) 

Vom 12.09.2002 bis 3.10.2002 verbrachten wir unseren Urlaub erneut in Altinkum/Didim. Dieses Mal flogen wir von Hannover nach Bodrum. Von Bodrum nach Altinkum, Entfernung ca. 90 km, braucht man etwas über 1 Stunde. Fevzi`s Schwiegervater, Opa Ali Tekmen, befand sich schon mehrere Wochen in Altinkum, bzw. Yesilkent und holte uns am Flughafen ab. 

Die Fahrt von Bodrum war schon eine tolle Sache. Eine wunderschöne Gegend, sehr hohe Berge, vorbei an einen großem Binnensee und vor allem die Serpentinen, machten die Fahrt zu einem unvergesslichem Erlebnis. Mein Freund Fevzi reiste erst am 27.September mit Familie nach Didim und wir verbrachten dann noch 6 Tage gemeinsam. In den ersten 14 Tagen, an denen Fevzi noch nicht da war, besuchten wir sehr oft Opa Ali in Yesilkent und hatten jedes mal zusammen viel Spaß. Leider ist es sehr schwer, sich mit Opa Ali gut zu verständigen. Obwohl er mittlerweile fast 40 Jahre in Deutschland lebt, ist sein Deutsch immer noch sehr schlecht. Trotzdem haben wir ihn oft in Yesilkent besucht und zusammen tolle Wanderungen und Spaziergänge unternommen.


 Altinkum = Mini - England 

Altinkum wird zu 95 % von Engländern gebucht und aufgesucht. Schon auf Grund dessen werden wir dort erst mal nicht so schnell wieder hinfliegen. Noch nie zuvor sah ich so viele dicke, fette, schlecht tätowierte, schlecht angezogene, hässliche, bequeme, verfressene, unsportliche, schneeweiße und großkotzige Menschen. Nicht, dass diese Äußerung auf einzelne Engländer oder Engländerinnen zutrifft, leider trifft es auf die Mehrheit aller Inselbewohner zu. Sie lagen faul auf ihren Strandliegen in der Sonne, wälzten sich, falls sie mal gerade nichts aßen, von der Liege kurz ins Wasser, um sich dann aber schnell wieder auf die Liege fallen zu lassen. Irgendwelche Aktivitäten in Bezug auf Sport waren gleich Null. Am schönen, langen Strand in Altinkum gibt es deswegen nicht ein einziges Volley- oder Fußballfeld. Wenn wir nur unseren Volleyball in die Hand nahmen, um etwas hin und her zu baggern, wurden wir schon schief angeschaut. Der nächste Volleyballplatz befand sich in Yesilkent, etwa 6 km entfernt. Leider war dort wegen Saison-Ende schon das Netz abgebaut und obendrein waren nach 5 Tagen dort auch keine Urlauber mehr. Es war dort Saison-Schluss. Für mich, der gerne Volleyball spielt, war es schon sehr hart.

Noch schlimmer war jedoch der Zustand an den Abenden. Bis Mitternacht waren die Restaurants überfüllt mit fressenden, nicht essenden, Engländern. Nach dem Essen suchten sie dann eine der unzähligen Karaoke-Bars auf, saßen dort dann wieder auf ihren fetten Hintern und amüsierten sich über junge Türken, die ihnen etwas vorhampelten. Tanzen konnte man in den seltensten Fällen dazu sagen. Die Diskotheken und Dancing-Bars waren fast immer leer. Für Rita und mich, die gerne das Tanzbein schwingen, war es wirklich deprimierend.

Hinter dem Hotel Sea-Bird befand sich eine hoteleigene Diskothek. Wir waren dort fast immer die einzigen Gäste, trotzdem legten zwei junge Türken, wenn wir uns dort setzten, tanzbare Musik auf und freuten sich unwahrscheinlich darüber, wie wir jedes mal abtanzten. Rita und ich feierten dort immer alleine eine unserer unzähligen Tanz-Partys. Obendrein verwöhnten uns die zwei netten, sympathischen Türken sehr oft mit Salaten, Gurken oder Melonen. Selbst für den getrunkenen Raki machten sie uns fast immer einen Sonderpreis.

Durch unzählige Gespräche mit Türken, die in Deutschland arbeiteten und lebten, erfuhren wir, dass selbst die türkischen Bewohner die Engländer nicht so pralle finden. Auch sie hätten in dieser Region lieber viele deutsche Urlauber, so wie in Alanya oder Side. Bemerkten aber auch, dass der Standard in der Ägäis nicht so hoch ist, wie im türkischen Süden und erst wenn der sich ändern würde, könnte man auf deutsche Urlauber bauen.


 Hotel Özüdogru 

Vor 4 Jahren lernten wir den Nachbarn von Opa Ali kennen. Er besitzt das Hotel Ösüdogru in Altinkum und es war ihm eine besondere Ehre, dass die deutschen Freunde von den Familien Tekmen und Büyükbalbak in seinem Hotel ihren Urlaub verbrachten. Schon Wochen vor unserem Urlaub wurde ein guter Preis vereinbart. Als wir ankamen, trauten wir unseren Augen nicht. Nur für uns hatte das Hotel noch geöffnet und Rita und ich waren die einzigen Gäste. "Schlafen wir erst mal eine Nacht hier und suchen uns dann ein anderes Hotel", sagte ich zu Rita. Die absolute Ruhe in der Nacht, denn das Hotel lag am Ende von Altinkum, in einer Nebenstraße und der Kaffee zum Frühstück überzeugten uns dann davon, nicht nach einer Nacht umzuziehen. Noch nie hatten wir im Urlaub einen so hervorragenden Kaffee bekommen. Das Personal (6 Personen) war nur für uns da, was aber nicht gleich bedeutend damit war, dass die Zimmer gemacht wurden. Das Fernsehprogramm war immer wichtiger, denn sie lümmelten den lieben - langen Tag vor dem Kasten herum. Wenn wir Toilettenpapier brauchten, oder neue Handtücher, legten wir die schmutzigen Tücher und die leere Papprolle auf den Tresen der Rezeption und mit Glück bekamen wir dann unsere Wünsche erfüllt. Für den Stromausfall (10-12 Mal) und für den Wasserausfall konnte man das Personal nicht verantwortlich machen. Das war halt höhere Gewalt. Trotzdem fühlten wir uns in dem Hotel sehr wohl.


 Das Unwetter 

Am 5 Urlaubstag erlebten wir dann etwas außergewöhnliches. In der Nacht zuvor fing es an zu regnen und wir stiefelten Nachts um 2.00 Uhr, tropfnass durch Altinkum zum Hotel. Am nächsten Morgen sah es zwar nach Regen aus, aber trotzdem kam es uns vor, als hielte das Wetter. Um ca. 10.00 Uhr, wir waren auf dem Weg zum Beach, wurden wir dann überrascht. Es fing an zu regnen und wir suchten fluchtartig zu unserem Schutz ein Restaurant auf. Dabei ist regnen das falsche Wort. Es goss wie aus Kübeln. Der Himmel war raben-schwarz und es sah aus, als wollte die Welt untergehen. Das Wasser prasselte auf das Dach von dem Restaurant und plötzlich tropfte es durch die Decke. Zuerst nur vereinzelte Tropfen, aber dann recht heftig. Die Vertäfelung löste sich und das Personal bekam das Dilemma nicht richtig in den Griff. Auch in den angrenzenden Restaurants, Bars und Diskotheken kämpfte man mit dem Wasser. In manchen Geschäften standen die Menschen kniehoch im Wasser. Nach einer guten halben Stunde war der Spuk vorbei und wir verließen das Lokal. Jetzt erst sahen wir die Ausmaße des Unwetters. Viele Straßen standen unter Wasser. Die gesamte Kanalisation war zusammen gebrochen. Viele tiefliegende Geschäfte waren ausgeräumt und die Möbel standen auf höher gelegene Straßen und Plätze. Überall hörte und sah man Pumpen, die gegen die Wassermassen eingesetzt wurden. Die Geschäfte und Straßen waren mit dunklen, rotbraunen Schlamm verschmutzt und überall wurde geputzt und gereinigt. Von vielen Türken hörten wir dann Abends, dass es so ein Unwetter in der Ägäis noch nie gegeben haben soll. Es war wohl einmalig. Das Unwetter hatte zwar nicht die Ausmaße der Jahrhundert-Flut in Deutschland, aber wir waren doch fasziniert und teilweise geschockt von diesem Erlebnis. Nachmittags lagen wir dann wieder bei ca. 30 Grad am Strand in der Sonne und staunten über das Meer, welches natürlich von dem dreckigen Zulauf grau-braun dreckig war und nicht wie gewohnt grün-blau. Abends konnte man von dem Ereignis nur noch vereinzelt etwas feststellen.


 "5 Sterne Restaurant" 

Mitten in Yesilkent, dort wo die Dombus-Verbindung endet, befand sich mitten in der Botanik ein "Restaurant". Restaurant ist natürlich übertrieben. Eine arme türkische Familie hatte vor einer Bambushütte zwei Tische mit Stühlen aufgestellt und bot typisch türkische Gerichte an. Jedes Gericht für 1.000.000 Türkische Lira, umgerechtet ca. 60 Cent. Jedes mal, wenn wir dort vorbei kamen, fragte ich Rita, ob ich sie in dieses "5 Sterne Restaurant" einladen dürfte. Eines Abends, wir hatten den ganzen Tag in der Bucht von Yesilkent verbracht, besuchten wir noch kurz Opa Ali. Rita verspürte plötzlich Appetit auf türkische Pizza und ich sagte zu ihr und Opa Ali: " Kommt, ich spendiere uns ein Abendessen im 5 Sterne Restaurant!" "Nein, nein!", erwiderte Opa Ali: "Türkisch-Mann viel teuer!" Ich überzeugte Opa Ali davon, dass wir uns ein Abendessen für 60 Cent gerade noch leisten können und er sei natürlich obendrein von mir eingeladen.

Es wurde in dem Restaurant ein unvergesslicher Abend. Die türkische Pizza für 60 Cent wurde lecker und super zubereitet. Ein Ayran kostete sagenhafte 15 Cent, sehr lecker im Geschmack und obendrein auch noch kühl serviert. Außerdem war diese arme, türkische Familie unwahrscheinlich lieb und nett. Opa Ali befand sich in einer Bombenform und unterhielt nicht nur uns, sondern auch alle anderen Gäste. Es wurde viel gelacht, Opa Ali sang mal wieder in seiner unverkennbaren Art und ich musste zugeben, mich wieder mal getäuscht zu haben. Denn das Essen, die Teller und das Besteck waren sauber und ordentlich. Durch die vorbeifahrenden Autos wurde natürlich Staub aufgewirbelt und wir sahen nach einer gewissen Zeit aus wie Straßenvagabunden oder Obdachlose. Aber so hatten wir wenigstens Ähnlichkeit mit den Kindern dieser türkischen Familie, die zwar sehr niedlich, aber auch sehr dreckig waren. Es wurde schon dunkel, als wir nach einer großen und liebevollen Abschiedzeremonie in einen Dombus einstiegen und zurück nach Altinkum fuhren.


 Yesilkent und Opa Ali 

Mit Opa Ali, wir besuchten ihn öfters in Yesilkent, machten wir wunderbare Wanderungen und Touren. Einmal führte er uns entlang der Küste zu einer Fischer-Familie. Diese Familie betrieb ein kleines "Restaurant" und lebt dort sehr primitiv, machte aber dennoch dabei einen glücklichen und zufriedenen Eindruck. Dort tranken wir ein Bierchen und plauderten über Gott und die Welt.

Ein anderes mal kochte Opa Ali für uns. Dabei behielt er seinen Hut auf und freute sich riesig über unser Lob. Er strahlte und meinte: "Ali Tekmen großer Meisterkoch. Aber nichts Oma Sultan sagen!" Seine Frau, sie war dieses Jahr in Cuxhaven geblieben, soll anscheinend nicht wissen, dass er kochen kann.

In Yesilkent legen um die Mittagszeit sehr oft Schiffe aus Altinkum am Pier an. Eines Tages gingen Opa Ali und wir auf eines der Schiffe und tranken dort ein Bierchen. Die Bord-Crew musizierte und plötzlich fing Opa Ali an zu singen. Sehr, sehr laut und sehr, sehr eigenwillig. Aber bei den Gästen auf dem Schiff (Türken und Engländer) kam es sehr gut an und sie klatschten begeistert. Viele junge Türken und Türkinnen sangen sogar mit, da es sich anscheinend um türkische Volkslieder handelte. Von Opa Ali kam dann auch prompt die Äußerung: "Ali Tekmen großer Meister-Single!" Er meinte natürlich Meister-Singer.

Rita und ich wanderten sehr oft die Strecke von Altinkum nach Yesilkent, entlang aller Buchten, ab. Wenn man an der gesamten Küste, die Strecke zwischen den beiden Orten abläuft, braucht man gut und gerne drei Stunden. Aber es ist fast unbeschreibbar. Traumhafte, einsame Buchten mit wunderschönen, kleinen Stränden wechseln sich ab mit Steilklippen, teilweise fast 30 Meter hoch. Das Wasser ist immer hell-grün und man kann bis auf den Grund schauen, um die Fische zu beobachten. Schneeweiße Felsen wechseln sich ab mit tief-grünen Flächen. Man läuft von Bucht zu Bucht und jede Bucht ist ein Teil einer noch größeren Bucht. In einsamen Buchten sprangen wir aus unseren Klamotten und tauchten Nackedi-Nackedei in das klare und wunderschöne Wasser ein. Leider haben immer mehr Menschen die gleichen Ideen wie wir und deswegen wurde es immer schwieriger, einsame Buchten zu entdecken. 

Wir sahen natürlich auch, wie zahlreiche traumhafte Buchten, mit Hausmüll zugedeckt waren. Viele Türken haben noch nicht begriffen, dass sie sich ihre wunderschöne Landschaft selbst ruinieren.


 Basar in Didim 

Jeden Samstag ist in Didim Basar. Ein riesengroßer Markt, auf dem so gut wie alles angeboten wird, hauptsächlich jedoch Textilien aller Marken, Formen und Farben. Zu Tausenden reisen die  Leute an, überwiegend mit dem Dombus aus den verschiedensten Orten. Da kann es schon mal vorkommen, dass sich 38 Menschen in einen Dombus quetschen, plus Handgepäck, Enten und Hühnern. Auf dem Basar herrscht ein unbeschreiblicher Trubel, wunderbare exotische Düfte verwirren die Nase und man trifft Menschen aus allen Teilen unserer Erde. Man kann nicht nur, sondern man muss immer um jeden Preis handeln. Dabei läuft es immer nach dem selben Schema ab. Ware anschauen, anprobieren, setzen und Tee trinken, Preisangebot, Gegenangebot, weggehen, Händler kommt hinterher, zurück gehen, erneutes handeln, einig werden, zahlen und große Verabschiedung. Aber es bringt immer wieder sehr viel Spaß und ich genieße diese Form einzukaufen. 


 Fevzi`s Wohnung und Familie 

Mein Freund Fevzi besitzt in Didim eine Wohnung, die 2001 bezugsfertig wurde. Fevzi`s Vater überwachte den Innenausbau sehr intensiv und somit ist die Wohnung, selbst für deutsche Verhältnisse, überdurchschnittlich gut gelungen. Für türkische Verhältnisse sogar ein kleiner Traum. Fevzi ist natürlich mächtig stolz auf seine Wohnung und ich muss gestehen, so eine saubere und gute Wohnung vorher in der Türkei noch nicht gesehen zu haben. Wir waren an einem Abend zum Essen bei Fevzi`s Familie eingeladen. Wir lernten viele neue türkische Gerichte, bzw. Speisen kennen und tranken natürlich reichlich Raki. Es war ein sehr netter Abend in dieser Familienrunde. Außerdem wird ca. 800 Meter von der Wohnung entfernt eine Anlage gebaut. Diese Anlage besteht aus ca. 30 Reihenhäusern in deren Mitte ein großer Pool, ein Tennisplatz und ect. entsteht. Dort haben sich Fevzi, sowie Fevzi`s Vater, schon vor langer Zeit "eingekauft".


 Raki ( Löwenmilch)  

Getrocknete Weintrauben, Wasser, Anis und Zucker. Aus dieser Mischung wird in der Türkei das Nationalgetränk Raki gebraut. Es ist der Sultan unter den Alkoholika. Für viele ist die anishaltige Spirituose Raki, ein Lebenselixier und das Raki-Trinken in geselliger Runde Bestandteil des sozialen Lebens. Wer zu einem Raki-Muhabbeti unter Freunden zusammentrifft, erhofft sich nicht nur einen fröhlichen Abend, sondern auch ehrliche Gespräche und tiefe Gefühle. Vorspeisen, die Mezeler, werden gereicht. Die Menschen beginnen zu singen, manche tanzen, in anderen steigt Wehmut auf. Der Raki öffnet die Herzen, sagen sie und reinigt die Seele. Er erhalte Freundschaften und schlage Brücken zwischen den Menschen.

Durch meinen Freund Fevzi lernte ich erstmals Raki kennen und war vom ersten Schluck an begeistert. Ich trinke ihn jedoch immer ohne Wasser. Pur genieße ich ihn am liebsten und das erzeugt bei sehr vielen Türken eine gewisse Hochachtung. Da ich das Aroma, den besonderen Duft liebe, halte ich natürlich sehr oft meinen "Zinken" über das Glas. So meinten dann auch Fevzi`s Vater und Opa Ali, dass ich den Raki wirklich genießen würde, was nicht viel Ausländer machen. Es ist halt "mein" Getränk. Dabei trinke ich natürlich den Raki nur aus medizinischen Gründen, um Magen- bzw. Darmprobleme zu verhindern. 

(Ich trinke schon immer gerne Medizin)

Im großen und ganzen war unser erneuter Urlaub in der Türkei sehr gut gewesen. Wie immer, lernten wir sehr viel nette und liebe Türken kennen und ich habe bis zum heutigen Tag fast nur nette, hilfsbereite, überwiegend gut aussehende, charmante, gepflegte und zuvorkommende Türken und Türkinnen erlebt. Ich verstehe es oft nicht, dass die Medien über unsere Türkischen Landsleute in Hamburg oder Berlin etwas anderes berichten. Das wir natürlich in der Türkei nicht unsere deutschen Maßstäbe ansetzen können, sollte eigentlich allen klar sein. Für mich ist immer sehr wichtig, dass das Preis - Leistungsverhältnis stimmt. Und das stimmt in der Türkei wirklich. Wir waren bestimmt nicht das letzte Mal in der Türkei und freuen uns schon jetzt auf den nächsten Türkei - Urlaub.